Ein Doppelfehler ist schnell mal gemacht

Posted on 22. Januar 2016

0


Tennis TC Großhesselohe 2014 Kevin Krawietz Rückhand; Foto: Robert M. Frank.

TENNIS – Der Manipulationsskandal im Profi-Tennis sorgt für Schlagzeilen. Der Ismaninger Kewin Krawietz von der TennisBase des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV), der vor Jahren schon mal ein unmoralisches Angebot bekam, schildert seine Begegnung mit den heiklen Wettbetrug-Akteuren im Tennis.

Ismaning/Großhesselohe –Die Berichte des englischen Senders BBC und des US-Onlinemediums Buzzfeed, worin 16 Spieler aus den Top-50 der Tennis-Weltrangliste in den vergangenen zehn Jahren in einen Manipulationsskandal mit Sportwetten verstrickt sein sollen, erreichte auch den Ismaninger Tennis-Profi Kevin Krawietz aus heiterem Himmel. „Das war für mich eine schockierende Nachricht. Tennis wird damit in ein schlechtes Licht gerückt“, befindet Krawietz.

Ärgernis für Krawietz: Anonymes Angebot und Beschimpfungen auf Facebook

Die Geschichte ist insofern besonders, weil Spitzenspieler mit ihrem Beruf ohnehin schon Millionenbeträge verdienen und für kriminelle Nebengeschäfte eigentlich eher nicht so anfällig sein dürften. 1,7 Millionen US-Dollar erhält zum Beispiel der Gewinner der aktuell laufenden Australian Open. „Es hat uns deswegen auch gewundert, warum so etwas sein könnte“, sagt Krawietz im Hinblick auf die hohen Preisgelder bei Grandslam-Turnieren wie in Melbourne. Anders sieht die Welt in den Regionen etwas weiter unten aus, wo sich Krawietz im Moment bewegt. Die aktuelle Nummer 428 der Herren-Weltrangliste tritt bei vielen Turnieren an, wo Preisgelder oft die Ausgaben der Teilnehmer gar nicht erst einmal decken können. Bei Wettbewerben wie in Kaarst am Niederrhein, wo Krawietz gerade bei einem Futures-Turnier des Internationalen Tennis-Verbandes (ITF) antritt, gibt es laut Regularien 1.440 US-Dollar für den Sieger. Wenn es blöd läuft und man in der ersten Runde verliert, sind magere 104 Dollar drin. In diesen unteren Verdienst-Regionen scheinen Wettbetrüger leichtere Opfer finden zu können. Dass die Problematik mit Wettangeboten dort immer mal wieder präsent ist, kann Krawietz aus eigener Erfahrung bestätigen. Der 23-Jährige wurde in seiner achtjährigen Profi-Karriere nicht nur einmal mit diesem Thema konfrontiert. Laut eigenen Angaben habe er vor längerer Zeit, Krawietz spricht von einem Zeitraum von vier bis fünf Jahren, ein unmoralisches Angebot erhalten. Der Spieler aus der Oberhachinger TennisBase bekam von einem Unbekannten einen konkreten Betrag für eine Niederlage in seinem anstehenden Spiel genannt. Auf dieses Angebot sei er nicht eingegangen.

Dennoch begleitete den gebürtigen Coburger seit diesem einmaligen Vorfall das Thema weiterhin. Der Zweitligaspieler, der auch 2016 wieder für den TC Großhesselohe antritt (siehe unten), wurde vor einiger Zeit in sozialen Netzwerken von unbekannten Leuten massiv angegangen. Laut den Absendern der Unterstellungen soll er verantwortlich für verlorene Spiele gewesen sein. „Da gab es mal in einer Phase zig Beschimpfungen von unbekannten Leuten auf Facebook. Das war extrem“, schildert Krawietz die anonymen Anschuldigungen. Bei kleineren Turnieren, wo Krawietz antritt, ist das Thema mit den unmoralischen Angeboten präsent. „Man hört von anderen immer mal wieder was“, sagt Krawietz.

Strukturelles Problem im Tennis: Anfälligkeit einer Individualsportart

Knapp 120.000 US-Dollar hat Krawietz laut der Profi-Tennisspieler-Vereinigung ATP bereits in seinen acht Jahren als Profi bei Einzel- und Doppelturnieren bis heute eingespielt. Angesichts der Tatsache, dass man einen hohen fünfstelligen Betrag für eine Saison im internationalen Tennis-Zirkus an Betriebsausgaben für Reisen, Unterkünfte, Material und vor allem für das Trainerteam veranschlagen muss, ist das nicht viel. Ein zusätzliches Angebot kann da eher verleiten als bei Grandslams mit Millionengagen. Zudem ist es für Profis in Einzelsportarten wie Tennis einfacher zu manipulieren als in Mannschaftssportarten. Zum einen steht man alleine auf dem Platz und kann Entscheidungen alleine beeinflussen. Zum anderen sind Tennis-Profis geübt darin, die gelben Filzbälle haarscharf an die Linien zu spielen. Im Umkehrschluss wären sie auch durchaus in der Lage, planmäßig knapp ins Aus zu zielen, ohne dass es der Laien-Zuschauer merken würde. Ein Doppelfehler bei einem knappen Spielstand ist schnell mal gemacht. „Im Tennis wäre es prinzipiell möglich so zu spielen, dass es dem Zuschauer nicht auffällt“, bestätigt der Ismaninger.

Für Krawietz ergeben sich aus den jüngsten Schlagzeilen negative Aspekte für seinen Sport. „Das ist kein angenehmes Thema auch für uns, wenn man mit solchen Vorwürfen konfrontiert wird.“ Krawietz will seine Karriere erfolgreich vorantreiben. Extra verlieren ist da kontraproduktiv. „Ich möchte mich mal für die Qualifikation bei einem Grandslam qualifizieren“, blickt Krawietz voraus. Das Manipulations-Thema wird ihn möglicherweise auch dort noch begleiten. rmf

 

 

Info: Krawietz auch 2016 für TC Großhesselohe:

Kevin Krawietz wird ebenso wie in den Vorjahren auch in diesem Sommer wieder für die Herren des TC Großhesselohe aufschlagen. Der 23-jährige Spieler aus der Oberhachinger TennisBase ist neben seinem Münchner Vereinskollegen Hannes Wagner das zweite Nachwuchstalent aus der Region, das weiterhin für den Zweitligisten aufläuft. 2015 war der Doppelspezialist bei seinen sieben Doppeln für den TCG ungeschlagen geblieben. Im ersten ITF-Turnier in diesem Jahr vor einer Woche in Schwieberdingen kam der dreifache ITF-Titelträger bis ins Halbfinale. „Das war ein guter Jahresauftakt“, befindet der aktuell beim ITF-Turnier in Kaarst spielende Ismaninger. rmf

  

Schlagzeilen/Infos

Das Profil von Kewin Krawietz (–> itftennis.com)

Das Profil von Kewin Krawietz (–> atpworldtour.com)

Homepage des TC Großhesselohe (–> tc-grosshesselohe.de)

 

 

Posted in: Tennis